Aufschrift auf dem Buch der Nachbarschaft

Statuten 1869

§1

Eine jede Wohnung und selbständige Haushaltung sämtlicher Einwohner im Bezirk der Nachbarschaft Steinberghaff wird durch Beitritt ihres männlichen Haushaltungsvorstandes Mitglied der Nachbarschaft, deren Zweck darin besteht, verstorbenen Mitgliedern, deren Familienmitgliedern oder Haushaltungsglieder, die letzte Ehre zu erweisen durch Begleitung ihrer Leichen zum Kirchhofe in Steinberg. Auch weibliche Personen können Mitglieder werden, wenn sie Vorstand eines selbständigen Hauswesens sind.

§2

Jedes Mitglied ist verpflichtet, getreulich und unweigerlich seine Nachbarspflicht gegen Verstorbenen zu erfüllen, solange er nicht durch Altersschwäche, anderer erweislicher Krankheit daran verhindert ist. Im Allgemeinen ist jeder von der persönlichen Ausübung der Nachbarspflicht befreit, der das 65. Lebensjahr Überschritten hat. Wer ohne Grund die persönliche Ausübung seiner Nachbarspflicht unterlässt, oder es versäumt sich durch einen anderen vertreten zu lassen, zahlt eine Brüche von 90 Pfennigen.

§3

Zu einer jeden Leiche zahlt ein jeder Haushalt ohne Ausnahme am Morgen des Beerdigungstages 10 Pfennige an den Ältermann (gestrichen lt. Beschluss vom 10. Februar 1906)

§4

Wer bei einer Leiche zu komme, dass bereits mit dem Singen begonnen worden ist, zahlt eine Brüche von 30 Pfennigen. Wer auf dem Wege zum Kirchhofe nicht hinter der Leiche hergeht, oder seinen Weg durch das Oestergaarder Holz längs dem Fußsteig, oder bei Steinberg über die Norderlücke nimmt, zahlt eine Brüche von.,30 Pfennigen.

§5

Jeder Nachbar ist verpflichtet, alle Anzeigen, Mitteilungen in Nachbarschaftsangelegenheiten, namentlich Beerdigungsbestellungen, ohne Aufenthalt, und der gewohnten und bekannten Reihenfolge zu befördern, wer solche ungebührlich lange aufhält zahlt eine Brüche von 40 Pfennigen.

§6

Von jedem einzelnen Todesfall sind von der betreffenden Haushaltung, oder sonstigen Beikommenden am nächsten Nachbarschaftsversammlungstage 11/2 Reichsmark zu so genannten Trinken zu bezahlen. ( § 6 gestr. s. S. 47).

§7

Jeder der im Laufe des Jahres in den Bezirk der Nachbarschaft einzieht, wird Mitglied der Nachbarschaft und wird am nächsten Versammlungstage als Mitglied eingeschrieben und hat als dann ein Eintrittsgeld von 40 Pfennigen zu bezahlen.

§8

Jedes Jahr, und zwar am Sonnabend vor dem Sonntag Sexagesimä, das ist der zweite Sonnabend vor dem Fastensonntag, findet Jahr um Jahr abwechselnd in den beiden vorhandenen Gastwirtschaften, nämlich „Badeanstalt Steinberghaff“ und „Gastwirtschaft Waldlust“ die ordentliche jährliche Nachbarschafts-Versammlung statt; hier werden alle Angelegenheiten der Nachbarschaft verhandelt, Statuten vorgelesen, Abänderungen und Ergänzungen der Statuten beraten und beschlossen, neue Mitglieder eingeschrieben, weggezogene Mitglieder gestrichen, Ältermann bestimmt, Eintrittsgelder, Brüche und Trinkgelder eingesammelt und in Nachbarschaftlicher Gemeinschaft verzehrt. Die Frauen und erwachsenen Töchter der Mitglieder können an dieser Versammlung Anteil nehmen .Es können auch Ehrenmitglieder in die Nachbarschaft aufgenommen werden, die indessen nicht mit beraten und stimmen dürfen.

§9

Die jährliche Nachbarschaftsversammlung nimmt ihren Anfang abends 7 Uhr. Der Wirth bei dem die Versammlung stattfindet, soll verpflichtet sein dafür zu sorgen, dass für den Abend seine Uhr richtig geht, also genau mit der Post. Wer bei dieser Versammlung zu spät kommt, zahlt eine Brüche von 30 Pfennigen und wer ganz wegbleibt zahlt eine Brüche von 60 Pfennigen.

§10

Für die Nachbarschaft wird jedes Jahr ein Ältermann bestimmt. Dieses Amt hat jedes Mitglied der Reihenfolge nach 1 Jahr unweigerlich zu übernehmen und getreulich zu verwalten. Der Ältermann hat folgende Verpflichtungen:

  1. Die ordentliche und außerordentlichen Versammlungen zu berufen.
  2. Die strenge Erfüllung der Statuten genau überwachen.
  3. In den Versammlungen die Verlesung der Statuten zu veranlassen.
  4. Im Laufe des Jahres etwa vorkommende Brüchefälle zu notieren.
  5. Neue Mitglieder einzuschreiben.
  6. Weggezogene Mitglieder zu streichen.
  7. Mitgliederverzeichnis in Bezug auf Ehrenmitglieder vervollständigen.
  8. In den Versammlungen die Brüche und Beiträge und Zahlungen zu heben und die Getränke zu bestellen. Um Irrtümer und Missverständnisse vorzubeugen wird bestimmt, dass in den jedesmaligen Nachbarschaftsversammlungen der alte abgehende Ältermann noch zu fungieren hat.

§11

Um den durch Streichung von § 6 entstehenden Einnahme-Ausfall bei den so genannten Trinken auszugleichen, soll jedes Mitglied, dem im Laufe des Jahres ein Kind geboren ist und dasselbe am Tag der Nachbarschaftsversammlung noch lebt, einen so genannten. Muck zu 1,50 M ausgeben, ebenfalls sollen solche Ehepaare, die noch in jugendlichem Alter stehen, und keine Kinder haben, jedes dritte Jahr einen Muck 1,50 M ausgeben; der Ältermann sollte verpflichtet sein, auf Ausführung der beiden vorstehenden Bestimmungen genau zu achten.

§12

Es ist bisher übliche Sitte gewesen, dass nach einem jeden Todesfall die Frauen im Trauerhause sich versammeln zum so genannten Leichenkleiden und alsdann mit Kaffee bewirtet wurden; diese Gewohnheit soll von jetzt an wegfallen, es sei denn, dass solches im Leichenhause gewünscht und dazu in üblicher Weise angesagt wird. So geschehen beraten und beschlossen in der Nachbarschafts-Versammlung des Jahres 1869 in der Badeanstalt Steinberghaff, beim Gastwirt Sönnichsen, am Sonntage Sexagesimä, dem 31. Januar 1869, sowie in den späteren Nachbarschafts- Versammlungen beschlossenen Abänderungen, Ergänzungen und Zusätze.

In fodem Protocollie

Jensen

Schriftführer

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